Titelbild Festkultur

Festkultur

Das Palais und die Gartenanlagen im Großen Garten hatten den Rahmen für außerordentliche Feste zu bieten. Solche Festlichkeiten dienten nicht nur dem Vergnügen einer Hofgesellschaft und ausländischer Gäste. Sie waren ein wesentliches Element der Regierungstätigkeit. Es entwickelten sich bestimmte Festtypen. Sowohl bei den Themen als auch bei der Ausstattung der immer aufwendigeren Veranstaltungen griff man auf Vorhandenes zurück. Am Dresdner Hof verstand man es, Feste zu feiern. Neben Jagden, Bällen, Balletten und Opernaufführungen gab es eine Vielzahl von Verkleidungsfesten: Ritterspiele, Karussell der vier Elemente, Ringrennen, Maskenbälle, Handwerker- und Nationenwirtschaften, Bauernhochzeiten u.a. Verbreitet, als Leitgedanke auch an anderen europäischen Fürstenhöfen, waren die Planetenfeste der sieben mit bloßem Auge sichtbaren Wandelsterne am Fixsternhimmel: Sonne, Mond, Mars, Merkur, Jupiter, Venus, Saturn. Die Fürsten inszenierten sich bei den Festen als Planetengötter (»Erdengötter«) und legitimierten so ihren Machtanspruch.

Höhepunkt der Dresdner (sächsischen) Festkultur war das Wirken von Kurfürst Friedrich August I. (August der Starke), der selbst Erfinder und Veranstalter großartiger Aufzüge und Lustbarkeiten von europäischem Rang war. Besonders unter seiner Regie wurden die Veranstaltungen in Beschreibungen und bildlichen Darstellungen auch dokumentiert. Diese dienten als Gedächtnis und Vorlagen für neue und weiterentwickelte Inszenierungen mit immer kostbarer gestalteten Dekorationen und Kostümen, Kutschen und Reitzeugen, die man durchaus weiter verwendete. So entstanden zahlreiche Deckfarbenblätter von Samuel Mock anlässlich der einmonatigen Festlichkeiten zum Staatsbesuchs Frederiks IV. von Dänemark im Juni 1709.

Eines der Feste, eine »Bauernwirtschaft«, fand im Palais und den damals noch ummauerten Anlagen im Großen Garten statt. Auf vier Deckfarbenblättern wird das Geschehen dargestellt. Die Teilnehmer des Festes, die Hofgesellschaft und die ausländischen Gäste, erschienen in bäuerlichen Verkleidungen und spielten in der vorher festgelegten Inszenierung ihre Rolle. Den Abschluss bildete ein Nachtschießen.

Krönender Höhepunkt barocker Feste am sächsischen Hof waren die Feierlichkeiten anlässlich der Vermählung des Kurprinzen Friedrich August mit der Erzherzogin Maria Josepha, die im September 1719 in Dresden stattfanden. Neben Empfängen, Bällen, Banketten und Opernaufführungen wurden sieben Feste den jeweiligen Planeten-Gottheiten gewidmet: für Apoll (Sonne) das Auftaktfest im Holländischen Palais, für Mars ein Ross- und Fußturnier auf dem Altmarkt, für Jupiter das Karussell der vier Elemente im Zwinger, für Diana (Mond) eine Wasserjagd auf der Elbe, für Merkur eine Messe- und Nationenwirtschaft im Zwinger, für Saturn ein Bergwerksfest im Plauenschen Grund und für Venus ein Damenfest im Großen Garten.

Mit lavierten Federzeichnungen von Johann Heinrich Fehling wurden alle Details der Planetenfeste dargestellt, wovon später ein umfangreiches Kupferstichwerk entstand (nicht vollendet).

Fest anlässlich der Vermählung des sächsischen Kurprinzen Friedrich August <br>
      mit der Kaisertochter Maria Josepha im Jahre 1719
Fest anlässlich der Vermählung des sächsischen Kurprinzen Friedrich August
mit der Kaisertochter Maria Josepha im Jahre 1719

Das der Liebesgöttin Venus gewidmete Fest im Großen Garten diente der Verherrlichung des Brautpaares als einer »fruchtbringenden« Liebeshochzeit. Die Gesellschaft begab sich zunächst in einem langen Aufzug von der Stadt in den Großen Garten. Zu Beginn wurde ein Damenringrennen auf dem Gelände vor dem Palais ausgetragen. Anschließend begab man sich in das eigens errichtete Parktheater zu einem Opernballett. Am Abend wurde das ganze Gelände illuminiert. Im Palais fand man sich zu einem Bankett in allen Räumen ein, fuhr später mit Gondeln über den Palaisteich zu dem aus Holz errichteten Venustempel und tanzte dort bis zum frühen Morgen.

Festsaal im Palais um 1720
Festsaal im Palais um 1720

Einer der ausländischen Gäste, der polnische Magnat Antoni Poninski, der an den Hochzeitsfeierlichkeiten teilgenommen hatte, schrieb in einem Dankschreiben an August den Starken:
» ... Es übertraf die Erwartungen aller und mit ganzer Sicherheit kann gesagt werden, dass alles, was das Altertum sich nur ausdenken konnte, was Italien und Frankreich nur bruchstückweise zu geben imstande sind, hier in aller seiner ganzen Vollkommenheit dargeboten wurde. ... Die vergangenen Jahrhunderte sind beschämt, die kommenden – wissend dass sie Gleiches nicht erreichen – sind verzweifelt.«